„Ich hab da ein Kraut…“ – kritisches Hinterfragen von Hilfe

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Als Hexe (m/w/d), oder allgemeiner gesagt „naturspirituell praktizierende Person“, beschäftigt man sich irgendwann fast zwangsläufig mit der eigenen Gesundheit und der anderer sowie beispielsweise Kräutern, die die physische und/oder psychische Gesundheit (positiv) beeinflussen können. Schnell kommt man auf die Idee, bei Gesprächen über die Leiden anderer eine Lösung präsentieren zu wollen. „Ich hab da ein Kraut“, „Probier‘ mal diese Tinktur“, „Ich hab gelesen, dass…“ sind Sätze, die auch mir oft entgegengebracht werden. Nicht selten rutschen sie mir sogar selbst heraus.

In erster Linie ist das sicherlich etwas Gutes, denn man möchte helfen, das Leben für sich und andere etwas besser zu machen. Man sammelt schließlich kein Wissen des Sammelns halber, sondern man möchte dieses Wissen auch nutzen können.

Dabei ergeben sich jedoch ein paar Fallstricke, die zu oft ausgeblendet werden. Zum einen ist da immer diese Überschrift „Selfcare“ und damit quasi der Zwang, sich und anderen Gutes tun zu müssen, sich wohler zu fühlen, das Leben besser im Griff zu haben. Doch viele dieser Botschaften enthalten einen Unterton (manchmal auch einen sehr vordergründigen Ton), dass man selbst für das Problem verantwortlich sei oder zumindest selbst daran Schuld habe, wenn man nicht mindestens diesen oder jenen Lösungsweg bestreite. Dazu kommt die Behauptung, dass man nur dies oder jenes tun müsse, damit alles besser wird. Das Kraut gegen Kopfschmerzen, die Meditation gegen Stress und der Tee zum Einschlafen, um nur ein paar Beispiele zu nennen. Je nachdem mit welcher Inbrunst man diese Empfehlung ausspricht, fühlt sich das Gegenüber vielleicht nicht nur bevormundet und verunsichert, sondern sogar regelrecht „überfahren“ oder deprimiert. Denn einfach einen Problemlösetee zu trinken oder ein Schlaf-gut-Mantra aufzusagen klingt ja so einfach und anderen scheint es auch zu helfen. Andere schaffen es so leicht, wieso ist das bei mir anders? Vielleicht klingt es aber unpassend oder entspricht einfach nicht dem tatsächlichen Problem? Eine einfache oder gar universelle Lösung in Krautform wäre schön, gibt es aber leider nicht.

Dazu kommt, dass manche Menschen Allergien haben, die besonders bei Kräutern oft nicht berücksichtigt werden und zu schlimmen Reaktionen führen können. Zudem können bestimmte Kräuter potentiell gefährliche Wechselwirkungen mit Medikamenten haben oder aber Nebenwirkungen hervorrufen, die unpassend zu den Lebensumständen sind. Oft haben wir keine ausreichende Einsicht in das Leben und eventuelle gesundheitliche Umstände einer anderen Person, so dass wir diese häufig nur unvollständig berücksichtigen können. Abgesehen davon sind wir vielleicht gar nicht dazu qualifiziert, dies überhaupt zu versuchen (fehlende Ausbildung, etc.). Des Weiteren eignet sich nicht jede Methode für jede Person. Menschen mit Ticks, innerer Unruhe oder Bluthochdruck beispielsweise haben nicht selten Schwierigkeiten mit dem Meditieren, nicht jede:r kann spontan seine Ernährung umstellen oder kann es sich erlauben „einfach mal einen Gang runter zu schalten“.

Grundlegend ist es wunderbar, sich gegenseitig zu unterstützen, füreinander da zu sein und sich für das Wohl anderer zu interessieren. Diese Eigenschaft sollte man sich ruhig behalten. Aber trotzdem ist es wichtig, sich selbst, sein Handeln und die Auswirkungen desselben auf andere zu reflektieren. Zwinge ich einer anderen Person etwas auf, bin ich bevormundend oder will mein Gegenüber nur mal reden ohne mit Lösungen zu bombardiert zu werden? Seid nachsichtig mit euch und der Komplexität der Person, die sich euch öffnet. Bietet Hilfe an, aber zwingt sie nicht auf.

Die Darstellung klingt sicherlich etwas extrem und spiegelt nur einen Bruchteil des Ganzen wider, dennoch sollte es uns ein Anliegen sein eine Situation möglichst umfangreich zu betrachten.

von Schnee Witchcraft

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